Strukturprinzipien zum Aufbau magnetisch niedrigdimensionaler Übergangsmetalloxide

 

Die hier diskutierten Verbindungen sind (mit wenigen Ausnahmen) in ihren Bindungsverhältnissen und ihrer Gitterstruktur ausgeprägt zweidimensional. Eine weitere geometrische Einschränkung des magnetischen Austauschs auf eine Dimension (Kette oder Leiter) oder eine Plakette kann durch drei Strukturprinzipien realisiert werden: 

Während die lineare Cu-O-Cu-O-Anordnung in den CuO2-Ebenen der Hochtemperatur-Supraleiter zu einem antiferromagnetischen 1800-Superaustausch mit sehr großer Kopplungskonstante (ca. 2000 K) führt, ist ein 900-Austausch viel schwächer oder ferromagetisch (Kanamori-Goodenough-Regel). 

Verschiebt man die CuO-Polyeder um eine halbe Gitterkonstante und fügt die beiden Segmente aneinander, so erhält man solche 900-Austauschpfade, die in diesem Falle sogar frustriert sind. Ein Austausch über eine Kante des CuO-Polyeder konkurriert mit dem Austausch des benachbarten Polyeders. 

Mit diesem Strukturprinzip können durch eine Abfolge von Austauschpfaden über Kanten und Ecken der Polyeder effektive Spinleitern aufgebaut werden. Beispiele für Spinleitern sind die Verbindungen NaV2O5 und (Sr,Ca)14Cu24O41. Ein Beispiel für eine Abfolge der Verknüpfungspfade ist die Verbindung LiV2O5.

 

 

Kristallstruktur von LiV2O5 mit Verknüpfung von V-Pyramiden über Ecken und Kanten. Die hellblauen (dunkelblauen) Pyramiden symbolisieren V4+O5- (V5+O5-)Pyramiden. Die Abfolge von ladungsgeordneten Pyramiden zusammen mit der Verknüpfung führt zu einem dominaten Austauschpfad in b-Achsenrichtung.

 
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Ein linearer Austausch ist in den 2D Hochtemperatur-Supraleitern und in der eindimensionalen Verbindung Sr2CuO3 verwirklicht. Nichtlineare Zigzack-Ketten mit reduziertem Austausch zu nächsten Nachbarn existieren in SrCuO2, CuGeO3 und Li2CuO2.

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Eine Anordnung von VO5-Pyramiden und VO4-Tetraedern kann ebenfalls einen geometrisch eingeschränkten Austauschpfad ausbilden. VO4-Tetraeder sind wegen des kleineren V5+-Ionenradius (S=0) und des kleineren Volumens eines Tetraeders immer unmagnetisch. Die Austausch-Wechselwirkung über einen Tetraeder ist somit stark reduziert.  

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Lone-Pair Kationen, wie z.B. Bi oder Te, weisen über ihre anomal kleine Koordinationszahl eine weitere Möglichkeit auf, magnetischen Austausch zu reduzieren. Ein Beispiel hierzu ist die Spin-Tetraeder Verbindung Cu2Te2O5Br2

 

Weiterführende Literatur

Magnetic Light Scattering in Low-Dimensional Quantum Spin Systems, P. Lemmens, Habilitationsschrift, RWTH Aachen (2000).

Structural Chemistry of Vanadium Oxides with Open Frameworks, P.Y. Zavalij and M.S. Wittingham, Acta Cryst. B 55, 627 (1999).

Dimensional Reduction: A Practical Formalism for Manipulating Solid Structures, E.G. Tulsky and J.R. Long, Chem. Mater. 13, 1149 (2001)

 

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peter.lemmens@physik.rwth-aachen.de, letzte Änderung: 16.8.2001